Unsere Gemeinde liegt in einem weit herum geschätzten Naherholungsgebiet. Natürlich leidet die Idylle unter der Zunahme des Verkehrs und des Bauaufkommens. Die Lebensqualität, die auch von der lieblichen Landschaft ausgeht, scheint ungebrochen, ruft aber immer aufs Neue beherzter Verteidigung. Man könnte annehmen, dass vor allem die Ränder unseres schönen Dorfes, etwa die Weiler Lindhof, Brand und Burg, von den Schattenseiten der rasanten Entwicklung noch am ehesten unversehrt blieben. Ein Blick in unsere jüngste Dorfgeschichte offenbart etwas anderes.
Vor gut 50 Jahren formierte sich in Fliegerkreisen erstmals das hartnäckige Interesse, in der Ebene bei Mönchaltorf, präziser im Raum Rällikon-Mönchaltorf-Gossau, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum Weiler Brand, ein Flugplatz-Projekt zu verfolgen. Es ging dabei nicht etwa nur um Hobby-Fliegerei: Charterflüge mit Zollabfertigung in Mönchaltorf waren geplant. Unsere Gemeindebehörden bodigten das Ansinnen rasch und entschlossen – einstweilen. Nur 10 Jahre später geriet der Brand erneut ins Blickfeld, nämlich als es um die Erstellung eines kantonalen Flugplatz-Katasters ging. Man billigte Mönchaltorf günstige Voraussetzungen für den Zivilluftverkehr zu, liege es doch in einem relativ verkehrsfreien Raum. Mönchaltorf kam 1973 erneut davon. Aber schon 1977 brachte eine Neuauflage des Flugplatz-Projektes, wieder beim Brand, die Mönchaltorfer Gemüter in Wallung. Jetzt war es den Fliegerkreisen wirklich ernst, witterten sie doch hier ihre letzte Chance im Kanton Zürich. Die Gemeindebehörden hatten inzwischen im Abwehrkampf gegen aggressive Flugplatz-Projekte nützliche Erfahrung gesammelt. Rasch bildete der agile Gemeinderat eine breite Abwehrfront im Zürcher Oberland und fand bei 12 Gemeinden Unterstützung. Sein scharfsinniges Argumentarium gegen das Flughafenprojekt kam -wieder- einem Manifest zur Rettung einer Region im Erholungsgebiet um den Greifensee vor unerträglichen Immissionen gleich. Es musste mit 30’000 Flugbewegungen pro Jahr gerechnet werden. Es wäre ein Verlust von 80’000 m2 wertvollstem Kulturland zu beklagen gewesen. Eine Hauptpiste von 700 m war geplant. Ein Irrsinn. Der ablehnende Standpunkt der Behörden fand breite Unterstützung. Angesichts der geschlossenen und willigen Abwehrfronen gegen das Flugplatz-Projekt kippte es der Regierungsrat noch 1977 aus dem Kantonalen Gesamtplan. Die Genugtuung im ganzen Zürcher Oberland war gross.
Auch Deponien werden immer wieder in unmittelbarer Nähe zu Mönchaltorfer Weilern geplant. Eine erste in den 1970 Jahren beim Lindhof. Es ging um die Ablagerung von Aushubmaterial, Industrieabfällen etc. Man rechnete mit 5 bis 6 Mio. m3 Material, einer Auffüllzeit von 15 Jahren und täglich 400 Lastwagen. Dadurch wäre eine der schönsten Landschaften zwischen dem Dorf und dem Lindhof für immer verschandelt worden. Der rasch handelnde Gemeinderat wurde in seiner Ablehnung von einem privaten, energischen Aktionskomitee wirkungsvoll unterstützt. Der Lindhof blieb unversehrt.
Weniger unbeschwert wird heute wohl die Einwohnerschaft der Weiler Brand und Burg bleiben. Weil die Deponie Leerüti zwar im Gemeindebann von Gossau und Egg liegt, findet die aktuelle kantonale Richtplanung in unserer Gemeinde -leider- wohl weit weniger Aufmerksamkeit als die eben umrissenen, früher geplanten und tatkräftigabgewehrten Beeinträchtigungen. Südlich des Weilers Brand und östlich des Weilers Burg plant der Kanton auf einem -jetzt noch zum Teil von Wald umfassten- Plateau eine Grossdeponien von 1’500’000m3 für die Ablagerung von Inertstoffen. Es ist davon auszugehen, dass die Deponier bis über 20 m aufgeschichtet wird. Die Betreibung der Deponie wird gegen 30 Jahre dauern. Der Antrag des Regierungsrates liegt bereits beim Kantonsrat und soll dort nächstes Jahr zur Abstimmung gelangen. Die Einwendungen von Gemeinde und Anwohnerschaft fanden kein Gehör. Heiss umstritten ist zur Zeit noch die Zufahrt der vielen Lastwagen. Es ist alles daranzusetzen, Dorfdurchfahrten zu vermeiden. Im Oktober ha der Kantonsrat die zweite in unserer Gegend geplante Deponie „Tägernauerholz» abgelehnt. Sie hätte im Tägernauerholz realisiert werden sollen. Mit der damit erforderlichen grossflächigen Waldrodung liess eine breite politische Ablehnung aufbauen. Die begrüssenswerte Ablehnung der Deponie Tägernauerholz wird nun allerdings den Druck auf die Realisierung des Deponievorhabens Leerüti merklich verstärken. Ironie: hier sind Menschen beeinträchtigt; beim Tägernauerholz „nur“ die Natur.
Hansjörg Frei